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Amada Lisboa – Liebeserklärung an Lissabon

Städtereisen mit Kindern sind immer eine besondere Herausforderung. Irgendwie muss man das Gleichgewicht finden, zwischen Besichtigung und Spaß für die Kids, langen Stadtspaziergängen und Auszeiten für den Nachwuchs. Lissabon macht einem den Besuch mit Kindern sehr leicht. 

Es ist passiert. Ich habe mich neu verliebt. Berlin, New York, Kopenhagen, ich werde meinen alten Lieblingsstädten treu bleiben. Aber mein Herz – das gehört jetzt Lissabon.

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Lissabon, dieser melancholischen und ebenso leichtlebigen Metropole am Tejo, den engen Gassen mit ihren steil aufragenden Azulejo-Fassaden, bunt und gleichzeitig wie durch einen Sepia-Filter betrachtet, dieser vor Energie und Kreativität brodelnden und im gleichen Moment tief in sich ruhenden Riesenstadt, die in ihren Straßen und Gassen das beschauliche Leben vergangener Jahrhunderte festhält, Tür an Tür mit der Lebensfreude der Jungen, die das Morbide feiern, und vereint in einer einzigartigen, fröhlichen Schwermut.

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Und dann das Licht! Dieses unglaubliche Licht, das gleichzeitig leuchtet und dämpft, Farben zum Strahlen bringt und Schatten betont, ausleuchtet und hinter einem Schleier versteckt, als hätte ein unglücklich verliebter Kameramann Regie geführt. Strahlend blauer Himmel über ziegelroten Dächern, Sonnenstrahlen die Vergänglichkeit und Patina sanft beleuchten und ihnen eine ganz eigene, fast schon heitere Melancholie geben. Gegensätze, wohin man schaut.

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Und mit meiner Liebe zu Lissabon bin ich nicht allein. Fast jeder, der mit der faszinierenden Stadt am Flussufer in Berührung kommt, wird von ihrer bittersüßen Ausstrahlung in den Bann geschlagen. Mit Nachtzug nach Lissabon, der Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Pascal Mercier, wurde der Stadt erst kürzlich eine cineastische Liebeserklärung gesetzt.

Und Fernando Pessoas Buch der Unruhe, eine tagebuchartige Sammlung von Reflexionen und Beobachtungen, die bereits Anfang des 20. Jahrhunderts entstand, zieht heute noch viele Lissabonbesucher in ihren Bann. Und dann ist da natürlich noch der Fado, dieser emotionsgeladene und intensive Gesang, der so typisch für die Stadt und das Land ist und dessen Lieder immer wieder auch von der Liebe zu dieser Perle an den Ufern des Tejo handeln.

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Lissabon, das ist pure Emotion, steingewordene Saudade, dieses zutiefst portugiesische Lebensgefühl von Weltschmerz und Sehnsucht. Eine ganz besondere Stimmung, die ihren Ausdruck in Licht, Farben und Klängen findet. Die ganze Stadt ist bittersüß und ein einziger Kontrast: Bunt und lebenshungrig, nostalgisch und schwermütig, modern, vorwärts gerichtet und das Alte bewahrend, verzehrend und gleichzeitig in sich ruhend. Die Stadt hat mich in ihren Bann geschlagen. Ich werde zurück kommen.

Und wie erlebt man so eine Stadt nun mit Kindern? Meine besten Tipps für Lissabon als Städtereise mit Kindern findet ihr hier:

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Ein Fahrt mit der Linie 28:

Sie gehört zum Standard in jedem Reiseführer, die Fahrt mit der Tram 28. Besucht man Lissabon mit Kindern, sollte man sie auf keinen Fall ausfallen lassen. Bedächtig rappeln und quietschen die historischen Tramwaggons durch die engen, gewundenen Gassen der Altstadt. Der Nachwuchs ist begeistert. Hausfassaden gleiten nur wenige Handbreit entfernt vorbei, hupend umkurven Autos den hölzernen Waggon. Die Fenster lassen sich weit hinauf schieben und die Kids genießen es, den Kopf in den Fahrtwind zu hängen. Draußen ziehen die historischen Viertel Lissabons am Fenster vorbei, Baixa, Bairro Alto, Alfama, enge Gassen, lebhaftes Treiben und immer wieder wunderschöne Ausblicke über das Dächermeer bis hin zum Tejo. Die kleinen Waggons sind oft sehr überfüllt, besonders im Bereich von Baixa wo die meisten Fahrgäste zusteigen. Mit Kindern empfiehlt es sich, an der Endhaltestelle Martim Moniz einzusteigen. Dann bekommt man auf jeden Fall einen Sitzplatz. Das ist auch ein guter Schutz gegen die Taschendiebe, die im Gedränge ihr Handwerk machen. Die allgegenwärtigen Warnungen sollte man auf jeden Fall ernst nehmen. Wir haben tatsächlich mehrere Versuche beobachtet, die allerdings Dank aufmerksamer Mitfahrer scheiterten.

Belém:

Wer mit den Kids mal aus dem Trubel der Stadt raus will, fährt in das 7 Kilometer vom Zentrum entfernte Viertel Belém. Verschont vom großen Erdbeben 1755, bei dem Lissabons Innenstadt fast völlig zerstört wurde, finden sich hier einige der ältesten Kulturdenkmäler Lissabons wie das Hieronymuskloster (Mosteiro dos Jerónimos) oder der Torre de Belém. Mit Kindern bietet es sich aber auch einfach an, in den hellen und freundlichen Straßenzügen ein bisschen auszuspannen, sich in eines der unzähligen Straßencafés zu setzen und einen Pastel de Nata (auch Pasteis de Belém genannt) zu genießen, herrlich süße Blätterteigtörtchen mit einer Vanillefüllung die ein wenig an Crème brûlée erinnert und die vermutlich bereits vor dem 18. Jahrhundert von den Mönchen des Klosters hergestellt wurden. Besonders gut schmecken sie in der traditionsreichen Casa Pasteis De Belém, deren historische Innenausstattung schon alleine einen Besuch wert ist. Entlang der Uferpromenade finden sich jede Menge weitere Restaurants, davor eine große Rasenfläche und ein Spielplatz. Während die Eltern den Ausblick auf das Wasser genießen, kann der Nachwuchs sich hier nach Lust und Laune austoben. Viel Spaß macht Kindern auch ein Besuch des kleinen, aber netten Kutschenmuseums. Auf dem Weg dorthin lässt sich mit etwas Glück der Wachwechsel vor dem Präsidentenpalast beobachten.

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Miradouro de Santa Luzia:

Auf ihrem Weg nach Prazeres kommt die Linie 28 an einem der schönsten Aussichtspunkte der Stadt vorbei. Hoch über den Dächern Lissabons liegt hier die Terrasse des stylishen Clubrestaurants Portas do Sol. Tagsüber kann man hier auf den Loungemöbeln relaxen und einem traumhaften Ausblick über die Stadt, den Tejo und die am Ufer liegenden Kreuzfahrtschiffe genießen. Die Speisekarte bietet vom Clubsandwich, über Pasta und fangfrische Fischgerichte eine tolle Auswahl zu sehr fairen Preisen. Rund um den Miradouro ist Stimmung einzigartig entspannt. Vom Lärm der Stadt ist nicht zu hören. Es gibt ein paar weitere Restaurants, ein Händler verkauft aus einem umgebauten VW-Bus heraus Bücher und über alles legt sich das sanft melancholische Klagen eines Saxofons.

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Elevadores:

Lissabon liegt auf sieben Hügeln. Wer die nicht alle zu Fuß erklimmen möchte , kann einen der vier historischen Aufzüge nehmen und gelangt so bequem ins nächsthöhere Stadtviertel. Kinder sind dankbar, wenn sie die Strecke nicht selbst laufen müssen und die Fahrt mit den historischen Aufzügen ist ein Erlebnis für sich. Dabei sind die Elevadores ganz verschieden. Der Elevador de Santa Justa, der Rossio mit dem Bairro Alto verbindet und oben eine Aussichtsplattform mit einem tollen Blick über die Stadt bietet, gleicht eher einem klassischen Fahrstuhl. Dagegen sieht der Elevador da Bica eher wie einem zu klein geratene Straßenbahn aus. Die Standseilbahn wird über eine steilen Gasse aus der Gegend des Hafenterminal Cais der Sodré in die Oberstadt zum Largo do Calhariz gezogen und überwindet dabei auf der kurzen Strecke von 260 Metern einen Anstieg von 45 Höhenmetern.

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Nachts im Bairro Alto:

Wer seine Kinder sonst früh ins Bett bringt, sollte hier unbedingt eine Ausnahme machen. Ein Abend im Bairro Alto, Lissabons Szeneviertel, gehört einfach zu einem Lissabonbesuch dazu. Auch wenn die richtige Party hier erst nach Mitternacht anfängt, lohnt sich ein Abendessen in einem der coolen Restaurants in den kleinen Altstadtgassen. Wer es lieber traditionell mag, kann eines der vielen Fado-Lokale ausprobieren. Nach dem Essen sollte man auf jeden Fall noch eine Weile durch die sich langsam füllenden Straßen wandern. Bars und Clubs, wie man sie sonst aus London, Barcelona oder Berlin kennt, reihen sich hier aneinander, aus den geöffneten Türen schallt laute Musik. Viele Gebäude in dem ehemals eher armen Arbeiter- und Handwerkerviertel haben das Erdbeben von 1755 unbeschadet überstanden. Mit der Ausbreitung des Zeitungs- und Druckgewerbes in den Straßenzügen, Mitte des 19. Jahrhunderts, zogen auch viele Kunsthandwerker und Künstler ins Bairro Alto. Die Druckereien sind mittlerweile in Gewerbegebiete ausgelagert, die Künstler aber blieben. Heute brodelt das hippe Szeneviertel nachts, besonders bei schönem Wetter. Dann stehen und sitzen die Menschen auf den Straßen, genießen den morbiden Charme der leicht verfallen wirkenden Altstadtgassen und den Kontrast der szenigen Clubs und Bars.

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There are 11 comments

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  1. Mandy

    Wunderschöne Fotos hast du da, bin ganz neidisch! Ich war letzte Woche das erste Mal in Lissabon und bin total begeistert. Mit der Tram 28 bin ich auch gefahren. Neben mir war eine Familie mit zwei Kiddies, die hinten am Fenster auf der Box gesessen und den Autos zugewunken haben. Sehr goldig. :)

  2. Tanja

    Oh, sehr schön geschrieben und tolle Bilder. Die Tram 28 und die Elevadores sind ja auch was für groß gewordene Kinder. Ich hatte unglaublich Spaß dabei und war ganz verliebt in die Stadt, obwohl ich nur zwei Nächte da war.

  3. Dani

    Wir fliegen in drei Wochen mit Unseren zwei Kindern nach Lissabon und freuen uns umso mehr, nachdem wir diesen Reisebericht gelesen haben. Tolle Bilder.

  4. Sarah

    Hallo Claudia,
    Danke Dir für die super Tips. Wir werden (nach 2 Wochen Urlaub am Atlantik) im September das erste Mal mit Kids (3 Jahre und 3 Monate) nach Lissabon fahren. Hast Du einen Tip für eine Unterkunft bzw. welches Viertel würdest Du empfehlen?
    Tausend Dank und liebe Grüße aus Rosenheim.
    Sarah

  5. Timo

    Wunderschöne Bilder! Da bekomme ich direkt Lust den nächsten Flieger nach Lissabon zu nehmen. Vor allem diese kleinen Cafes in den Seitenstraßen haben extrem viel Charme.

    Beste Grüße
    Timo


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