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Auf die Ski am Wilden Kaiser

Fasziniert streift mein Blick über die Bilderbuchkulisse, die sich vor mir ausbreitet. Weiß glitzert und funkelt der frisch gespurte Schnee in der Sonne, darüber erhebt sich ein makellos blauer Himmel und am Horizont reihen sich die mächtigen grauen Steinzacken des Kaisergebirges wie an einer Kette auf.

„Auf geht‘s“, schallt es da über die zu dieser Uhrzeit fast noch menschenleere Piste. Und schon sehe ich meinen Skilehrer Michi über die Kante des Hanges verschwinden. Immer noch ganz benebelt von dem unglaublich schönen Anblick, raffe ich meine Stöcke zusammen und fahre vorsichtig zur Piste vor.

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Michi ist bereits fast auf der Hälfte angekommen und schwingt in fließenden Bewegungen den Hang herunter. Der Schnee stiebt in weißen Staubwolken hinter ihm auf. Wie jetzt? Meint der, dass ich ihm in diesem Tempo dort runter folgen soll? Nicht ernsthaft, oder? Aber nachdem es irgendwie auch keine Option ist, hier oben einfach stehen zu bleiben, raffe ich mich auf und sehe zu, dass ich hinterher komme. Kurz darauf bin ich, für meine Verhältnisse erstaunlich schnell, dafür garantiert ausgesprochen unelegant, ebenfalls am Pistenende angekommen. Michi hat mir zugesehen und beginnt, meine Haltung und Fahrfehler stückchenweise zu korrigieren. Der Skiunterricht hat begonnen.

Skifahren für (Wieder)einsteiger

Dass ich hier auf den Hängen der Skiwelt Wilder Kaiser-Brixental an meinen Pistenfähigkeiten feile, verdanke ich dem (Wieder)einsteiger-Programm der Region. In erster Linie richtet es sich an all jene, die irgendwann mal Skifahren gelernt haben und nun nach langer Zeit den Schritt zurück auf die Ski wagen wollen. Das will ich mir anschauen.

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Dass ich selbst noch spät mit dem Skifahren angefangen habe, verdanke ich meinen Kids. Als Berlinerin, also aus einer Stadt kommend, in der die höchste Erhebung ein 120 Meter hoher, ehemaliger Schuttberg ist, mit absolut sonnenaffinen, Kälte und Schnee in gleichem Maße ablehnenden Eltern, hatte es mich als Kind immer nur ans Meer verschlagen, und nie in die Berge. Während ich mit 3 Jahren schon hervorragend schwimmen konnte, habe ich das Skifahren niemals gelernt. Dumm, wenn man dann ausgerechnet nach München zieht, dorthin also, wo fast jeder schon bevor er richtig laufen kann, das erste Mal auf die 2 Bretter gestellt wird. Zunächst verweigerte ich jeden Versuch mich zum Skifahren zu bekehren. Frei nach dem Motto ‚Das hole ich ja eh nicht mehr auf‘.

Dabei wäre es wohl auch geblieben, hätte mich der Vater unseres Nachwuchses nicht davon überzeugt, dass echte Münchner Kinder Ski fahren können müssen. Also willigte ich eines Tages, ungern aber was soll‘s, ein mit der Tochter zum Skilift zu fahren. Und dort hatte ich mein Schlüsselerlebnis. Während ich so auf Mann und Tochter wartete, die irgendwo am Hang ihre ersten Pflugbogenversuche machten, beobachtete ich eine andere Mutter, die sich an der Talstation des Lifts häuslich eingerichtet hatte. In Schneeanzug und diverse Decken gewickelt, versuchte sie scheinbar sich die Zeit mit Lesen zu vertreiben, wobei ihre Hände so sehr zitterten, dass sie kaum den Kindle in ihrer Hand halten konnte. In regelmäßigen Abständen schauten dann ihre Junioren vorbei, ließen sich mit Tee und Broten aus bereitstehender Thermoskanne und Picknickkorb versorgen, und entschwanden wieder Richtung Berg. Nachdem ich diese Szene eine Zeitlang ungläubig betrachtet hatte stand mein Entschluss fest. So nicht! Entweder ich lerne auch Ski fahren oder in dieser Familie fährt zukünftig niemand Ski.

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Und da ich ja gerade erst zugegeben hatte, dass Letzteres keine Option war, blieb nur der andere Weg. Nur wenig später fuhr ich eine Woche lang jeden Morgen von München aus in ein nahegelegenes Skigebiet und machte am Kinderhang zwischen vierjährigen laufenden Metern mit Helm meine ersten Versuche. Nicht nötig extra zu erwähnen, dass ich mir dabei reichlich blöd vorkam. Aber, nachdem ich erst mal vom Kinderhang weg war, find die Sache an mir tatsächlich Spaß zu machen. Und zwar so richtig. In den nächsten zwei Jahren setzte ich daher meinen Ehrgeiz darein, die verlorenen Übungsjahre wieder wettzumachen.

Bisher hat das erstaunlich gut geklappt. Ich komme überall runter, kann inzwischen mit den Langzeitskifahrern aus unserem Bekanntenkreis mithalten, auch ohne, dass die ganze Gruppe am Lift eine halbe Stunde auf mich warten muss und meine Kids fahren mir auch nicht mehr davon. Nur die Stilnote, nun ja. Meist bin ich ganz froh, dass es an der Piste keine Spiegel gibt. Und genau das wollte ich nun am Wilden Kaiser ändern.

Erst die Technik, dann das Vergnügen

Der erste Tag mit meinem Skilehrer gehört daher folgerichtig den Technikübungen. Bis zum späten Nachmittag fahren wir die Hänge des Skigebiets ab. Immer wieder korrigiert Michi meine Haltung, zeigt mir Tricks und Übungen und feilt an meinen Fahrfehlern. „Knie mehr zum Hang“, „Denk an die Hüfte“, „Hände nach vorne“, schallt es immer wieder über die Piste. Für den Ausblick, der sicher immer noch sehr schön ist, habe ich schon bald keinen Blick mehr.

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Immer den Blick auf den Rücken des Skilehrers geheftet, folge ich ihm in, für meinen Geschmack, ziemlich hohem Tempo die Hänge herunter und versuche dabei an gefühlte zwanzig Dinge gleichzeitig zu denken. „Wie war das jetzt noch mal mit dem Stockeinsatz? Häh, jetzt schon aufrichten oder später? Ups, das war wohl wieder zuviel Rückenlage.“

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Nach gut sechs Stunden auf der Piste brennen meine Oberschenkel und ich fühle mich ziemlich platt. Aber Michi wäre kein echter Skilehrer, wenn er nicht noch eine Aufmunterung parat hätte. Bei der letzten Talabfahrt schwingt er plötzlich vor einer Hütte ab. Die Rübezahl Alm. Den Namen habe ich schon gehört, denn die Hütte ist sommers wie winters bei allerlei Promis beliebt. Klar, dass der Skilehrer, er bereits seit 40 Jahren für die 1. Ellmauer Skischule unterwegs, hier fast jeden kennt. Wenig später sitzen wir mit ein paar Ellmauern an einem Tisch in der urigen Hütte und wenig später steht auch schon die erste Hausrunde Schnaps vor uns. „Ähm, eigentlich trinke ich beim Skifahren keinen Alkohol“, versuche ich noch zu protestieren. Aber da habe ich meine Rechnung ohne die Region gemacht. Tirol ohne Schnaps, das geht nicht, wird mir erklärt. Nun gut, es sind ja nur noch wenige Meter bis ins Tal.

Wellness gehört zum Skifahren

Zurück im Hotel Christoph geht es erst mal in Sauna und Pool. Ich bin vom Skifahren komplett platt. Aber da ich am Abend noch etwas vorhabe, ist schnelles Regenerieren angesagt. Und das geht in der Wellnesslandschaft des Hotel Christoph wirklich ganz hervorragend. Kurz muss ich beim Anblick des Schwimmbeckens mit Wasserrutsche an meine Kids denken. Das hätte ihnen auch gefallen. Sogar einen Kinderwellnessbereich gibt es hier. Ich nehme mir vor, irgendwann noch mal mit ihnen wiederzukommen und versinke dann herrlich entspannt im Wasser des Soledampfbads.

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Wenig später bin ich tatsächlich halbwegs wiederhergestellt und auf dem Weg durch das abendliche Ellmau zurück Richtung Skipiste. Dick türmt sich der Schnee auf den Dächern der Häuser, die traditionellen Tiroler Holzfassaden sind stilvoll beleuchtet und über allem thront die kleine, angestrahlte Marienkappelle. Ein Skiort wie aus dem Fotoband.

Zipfl-was? Zipflbob!

Am Kirchbichllift angekommen, finde ich die Piste von Flutlicht erleuchtet. Ich bin nicht etwa schon wieder zum Skifahren hier, sondern um mal etwas Neues auszuprobieren. Jeden Dienstag- und Freitagabend kann hier auf dem Übungsgelände der Top Ski- und Snowboardschule die Zipflbob-Gaudi genießen. Rauf auf den Hang geht es mit dem überdachten Fliegenden Teppich, auf dem sonst tagsüber die Skianfänger bergwärts fahren. Runter dann wesentlich rasanter mit einer Art kleinem Plastikschlitten. Kinder und Erwachsene haben gleichermaßen viel Spaß bei der Fahrt. Auch wenn ich bei dem einen oder anderen der Älteren den Eindruck habe, dass sich die Freude an der rasanten Abfahrt mit zunehmendem Aprés-Ski-Level deutlich erhöht.

Auf dem Rückweg zum Hotel taucht hinter mir plötzlich lautes Hufgetrappel auf. Eine Pferdekutsche ist auf der letzten Fahrt der Nacht. Auch das gehört zu einem Urlaub rund um den Wilden Kaiser dazu. Besonders Kinder haben viel Spaß an den Rundfahrten mit Kutsche oder Pferdeschlitten, die hier überall angeboten werden. Gerne erzählen die Kutscher bei einer Fahrt durch die tief verschneiten Landschaften alte Anekdoten aus den Dörfern und zu den vorbeiziehenden Bauernhöfen. Und nicht nur Kinder genießen nach einem langen Skitag die Entspannung der langsam ruckelnden Fahrt, bei der man, dick in Decken gewickelt, ganz relaxt die romantische Umgebung an sich vorbeiziehen lassen kann.

Auf zur Hohen Salve

An meinem zweiten Skitag bin ich morgens schon früh mit Michi an der Talstation verabredet, denn wir haben heute einiges vor. Nachdem gestern quasi der Techniktag war, kommt heute die Kür: eine Rundfahrt zur Hohen Salve. Fast als Erste steigen wir in die Hartkaiserbahn und ich freue mich wieder einmal, dass ich diese Rarität noch kennengelernt habe. Denn im kommenden Frühjahr wird diese auf Schienen fahrende Standseilbahn, gegen eine moderne Gondelanlage ausgewechselt. Das macht natürlich Sinn, um die Kapazitäten zu erhöhen und die Liftwartezeiten künftig zu verkürzen, aber schön ist sie schon, diese alte Dame, bei der ich immer an eines der Lieblingsbücher meiner Kinder „Henriette Bimmelbahn“ denken muss.

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Die Rundfahrt zur Hohen Salve ist wirklich großartig. So lerne ich das riesige Skigebiet der Skiwelt richtig kennen. Am Abend werte ich meinen Skipass aus. 5.748 Höhenmeter haben wir zurückgelegt. Mit den gefahrenen 35 Pistenkilometern ist das trotzdem nur ein kleiner Auszug der 280 Kilometer, die die Region an Abfahrten bereithält. Angekommen auf der Hohen Salve staune ich über den einmaligen Panoramablick, der sich hier oben bietet. Ich bin mir sicher, die kleine Kapelle auf dem Gipfel ist im Sommer ein beliebtes Ziel für Hochzeitspaare aus aller Welt.

Skifahrerisch ist der Weg auf die Hohe Salve für fast jeden machbar. Runter geht es da schon etwas rasanter. Kurz stoppe ich an dem Lawinenwarnschild, dass von der Abfahrt den Steilhang herunter abrät. Während ich die Skifahrer beobachte, die sich hier trotz Warnung an der Absperrung vorbei den Berg fast senkrecht runterstürzen, muss ich fast grinsen. Auch ohne Lawinen würden mich nichts auf der Welt dazu bringen, da runter zu fahren. Ein echter Freerider wird wohl nicht mehr aus mir.

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Aber das muss ja auch gar nicht sein. Mir reicht es schon, wenn ich entspannt auf der roten Piste, die vom Gipfel wieder in Richtung Tal führt, herunterkomme. Nach den zwei Tagen Intensivtraining ist das für mich kein Problem mehr. Und auch die Haltungsnote hat sich deutlich verbessert. Ganz zufrieden bin ich noch nicht aber daran werde ich jetzt weiterarbeiten. „Du bist jetzt eine gute Skifahrerin“, gibt mir Michi ganz charmant beim Abschied mit auf den Weg. „Für den Rest brauchst Du jetzt einfach Übung und Kilometer.“ Und die gibt es in der Skiwelt Wilder Kaiser-Brixental reichlich. Ich werde also ganz sicher bald wiederkommen.

Info:

Wer jetzt auch Lust bekommen hat, (wieder)einzusteigen, für den hält die Region Wilder Kaiser noch bis Mitte April das passende Angebot bereit: Mit dem „Zurück auf die Ski“ Programm kann jeder herausfinden, ob Skifahren (noch) Spaß macht und ob es mit neuem Material doch leichter geht. Nach dem ersten Tag auf der Piste entscheidet der Wiedereinsteiger, ob das Comeback geglückt ist. Wenn die Brett’l doch nicht mehr passen, werden die nicht konsumierten Skipass-, Skilehrer- und Skiverleihtage rückerstattet! Dafür stehen dann zahlreiche Aktivitäten abseits der Piste offen.

Für alle, die es lieber individuell mögen, bieten zahlreiche Skischulen in der Region ihre Dienste an. Und wer einfach Lust auf einen Tag mit Skiguide entlang der Pisten der der Skiwelt hat, dem kann ich die Skisafari der 1. Ellmauer Skischule empfehlen. Solltet ihr dann mit Michi in der Rübezahl Alm sitzen, grüßt den Wirt von mir.

Beide Angebote kann man übrigens auch mit Kindern wahrnehmen, denn für die gibt es im Gebiet hervorragende Betreuungsmöglichkeiten. An der Bergstation der Scheffauer Brandstadlbahn befinden sich sowohl ein Miniclub, als auch eine hervorragende Kinderskischule. Im wohlig warmen Schneepiraten Kids Club werden Minis zwischen 0 und 4 Jahren von erfahrenen Betreuern umsorgt.

In der Skischule Scheffau können auch schon die allerkleinsten ihre ersten Schritte auf Ski versuchen. Im kunterbunten Kinder Kaiserland an der Bergstation wird der Skifahrer-Nachwuchs hier von speziell geschulten Skilehrern umsorgt. Auch meine Kids haben schon diverse Skischulen durchlaufen. Das Konzept des Kinder Kaiserlands, das ich mir am letzten Tag in der Region noch persönlich angesehen habe, sticht dabei tatsächlich erheblich aus dem üblichen Angebot hervor. Gerhard Told, Leiter der Skischule Scheffau, hat sich grundlegende Gedanken zum Skiunterricht für Kleinkinder im Alter zwischen 2 und 4 Jahren gemacht, die, so zeigt es seine langjährige Erfahrung, mit 4 Stunden Gruppenkurs pro Tag überfordert sind. Daher bietet die Skischule Scheffau für die Kleinsten eine Mini Schnupperstunde an, bei der sie vorsichtig unter Anleitung die ersten Rutschversuche zwischen Schneedrachen, Eisburg und Raupenbahn unternehmen können. Krönender Abschluss der ersten Stunde ist die Fahrt mit der Goldenen Drachkutsche. Und damit es nicht zu anstrengend ist, bietet die Skischule für die Minischnupperstunde eigens kreierte Leichtskier, die Mini-Carver, zum Ausleihen an.

 

Ich danke der Region Wilder Kaiser für die Einladung zu dieser Recherchereise.



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