Ayurveda am Kronplatz
Das Spannende am Reisen ist, dass man immer wieder Neues kennenlernt. Zum Beispiel seine Doshas. Ich bin ein Pitta-Kapha-Typ. Zu dieser Erkenntnis bin ich nicht etwa bei einer Ashram-Tour in Indien gelangt, sondern bei einem Kurzurlaub in den Südtiroler Dolomiten.
„Die Doshas sind die drei Konstitutionstypen“, erklärt mir Alexander, der Ayurveda-Spezialist der Dolomiten Wellness Residenz Mirabell in Olang. Das traditionelle Hotel im Pustertal hat sich ganz auf die ayurvedische Gesundheitslehre spezialisiert. Nach dieser wird jeder Mensch mit einer persönlichen Mischung aus Vata, Pitta und Kapha geboren. Geraten diese im späteren Leben ins Ungleichgewicht, zum Beispiel durch Stress, falsche Ernährung oder Überarbeitung, gerät auch die seelische und körperliche Harmonie ins Wanken.
Ehrlich gesagt bin ich in meinem Alltag kein besonders esoterischer Mensch. Dazu fehlt mir zwischen Beruf und Kids schlicht die Zeit und die Ruhe. Ich bin froh, wenn ich ein paar Mal in der Woche zum Joggen komme. Yoga? Habe ich mal ausprobiert. Nur um festzustellen, dass zu viel bewusstes Atmen meine Nerven auf eine nicht bezwingbare Geduldsprobe stellt. Das Wasser kommt bei uns direkt aus der Leitung ins Glas, ohne den Umweg über eine Karaffe mit Bergkristallen zu nehmen. Die Vorstellung mein Lebenselixier Kaffee gegen Kräutertees einzutauschen, lässt mich fast schon in Panik verfallen. Und spätestens, wenn der Fünfjährige gerade dabei ist, den hell rosafarbenen Teppich im Zimmer seiner Schwester zu bemalen, gerät mein Feuer-Element ganz kräftig in Wallungen. Kurz gesagt, das Gleichgewicht meiner Doshas ist vermutlich eine komplette Katastrophe.
Und genau dagegen will Alexander jetzt etwas unternehmen. Neben diversen Tipps zu Ernährung und Lebensweise schlägt er zunächst einmal eine Rückenmassage für meinen völlig verspannten Nacken vor. Der Teil von Ayurveda gefällt mir. Nach zwei Stunden verlasse ich tatsächlich völlig relaxt den Spa-Bereich, das erste Mal seit Wochen ohne Rückenschmerzen.
Nach so viel Entspannung brauche ich ein bisschen Bewegung. Die ist in Olang nicht schwer zu bekommen. Der Ort liegt zwischen malerischen Wiesen und Feldern im Pustertal, direkt an den Hängen der Pragser Dolomiten. Es ist Oktober und ich habe einen wirklich goldenen Herbsttag erwischt. Die Sonne strahlt auf die rot, orange und gelb leuchtenden Wälder. Kurzerhand ziehe ich mir meine Wanderschuhe an und mache mich auf den Weg zum 2.275 Meter hoch gelegenen Kronplatz.
Der Wanderweg führt über den Furkelpass, entlang saftiger Kuhweiden und auf geschotterten Versorgungsstraßen. Später biegt er in einen Wald ein und schlängelt sich in engen Serpentinen bis hinauf zu den, noch grün daliegenden, Skipisten. Oben angekommen wird man mit einem sensationellen Rundumblick über Bruneck und das Pustertal belohnt. Der Name Kronplatz stammt übrigens aus einer der wichtigsten Sagen der ladinischen Literatur. Danach soll hier oben Dolasilla, die unverwundbare Prinzessin des Reiches der Fanes, gekrönt worden sein.
Zurück im Hotel lassen meine Muskeln mich wissen, dass die Kurzwanderungen, die wir sonst mit den Kids in den Bergen machen, vielleicht als Training doch nicht ganz ausreichend sind. Jedenfalls schreien sie nach Entspannung. Die sollen sie bekommen. Die riesige Sauna- und Badelandschaft des Mirabell lässt hier keine Wünsche offen. Nach einer Stunde in Pool, römischer Sauna und Whirlpool, fühle ich mich wieder fit.
Beim Abendessen dann erinnere ich mich wieder an Alexanders Tipps. Kurz werfe ich einen sehnsüchtigen Blick auf das Rinderfilet, das mich in der Menüauswahl anlacht, bestelle dann aber ganz brav die ayurvedisch gekennzeichnete Auswahl. Und ich bereue es nicht. Die Küche des Mirabell ist nicht ohne Grund weit über die Grenzen des Pustertals hinaus bekannt. Küchenmeister Ulrich Plankensteiner und sein Team verstehen es bestens, auch leichte und ausgewogene Zutaten zu einem köstlichen Menü zusammenzustellen. Danach mache ich es mir vor dem Kamin in der Bar mit einem Buch gemütlich und genieße zufrieden die angenehme Müdigkeit nach einem langen Tag.
Als ich am nächsten Tag wieder in mein Auto zurück nach München steige, staune ich selbst, in welch kurzer Zeit ich hier einen Zustand völliger Entspannung erreicht habe. Vielleicht, nehme ich mir vor, tausche ich zukünftig doch mal den einen oder anderen Kaffee gegen einen Tee aus und kümmere mich ein bisschen besser um meine Doshas.
Ich danke der Dolomiten Wellness Residenz Mirabell für die Einladung zu diesem sehr entspannenden Aufenthalt.
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