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Zeitreise Luang Prabang – Belmond La Résidence Phou Vao

Meine Liebe zu Indien und Südostasien wurde wohl schon vor langer Zeit angelegt. Ich war verliebt, bevor ich auch nur jemals einen Fuß auf den Kontinent gesetzt hatte. Als junger Teenager habe ich jedes Buch verschlungen, dass sich um Indochina oder Kolonial-Indien spann. Egal ob hohe Literatur oder flache Romanze, Marguerite Duras oder Hermann Hesse, Amitav Ghosh oder M.M.Kaye, ich verschlang alles, was mir in die Finger kam. Die leuchtenden Farben, der Duft von Gewürzen und Curry, der Ruf der Rikscha-Fahrer und der aufsteigende Rauch der Dampflokomotiven… Diese Bilder, die vor dem inneren Auge entstanden, ließen mich nie wieder los.

Viele Jahre später, mit einem historisch korrigierten Weltbild, das viele der romantischen Fantasien vom Subkontinent und Südostasien ins rechte Licht rückte, ist die Liebe zu Asien und Indien trotzdem geblieben. Ich kann nicht genug bekommen von dieser Welt mit ihren herzlichen Menschen, den intensiven Sinneseindrücken, der Vielfalt, den Farben und ihrem ganz besonderen Duft.

Und manchmal, wenn ich die Historie ganz absichtlich und vollständig ignorant bei Seite schiebe, dann hat sie mich wieder, diese Begeisterung für eine Welt, die irgendwo zwischen dem knarzenden Geräusch des Deckenventilators, der flirrenden Hitze der staubigen Gassen und der nie empfundenen Enge eines hochgeschlossenen Korsetts liegt.

Der Geist der Vergangenheit

Und genau dann liebe ich es, in der Hotelbar eines altehrwürdigen Hauses zu sitzen, auf der Veranda, einen klirrenden Gin Tonic in der Hand, das lebhafte Gespräch der Expats und Diplomaten im Ohr, und mir vorzustellen, wie sich die Damen, in ihren weißen, hochgeschlossenen Kleidern, in der Hand den Sonnenschirm zum Schutz des Porzellanteints, die Herren, in steifen Tropenanzügen und Reiterstiefeln, mit strengem Blick und energischem Gang ihre vermeintliche Autorität bekundend, unter die Menschen auf der Straße mischen und im Staub der Gassen verschwinden. Gemeinsam mit den Lastenträgern und Rikscha-Fahrern, den Pferdekutschen und den fliegenden Händlern, im Dampf der Garküchen und leuchtendem Rot der Mönchsgewänder, zwischen den zahnlosen alten Weibern und lachenden Kinderscharen. Einen kleinen Augenblick fühle ich mich dann wie Graham Greene, bevor mich die Realität wiederhat, und genau diesen Augenblick, so unecht er auch ist, möchte ich niemals missen. Das ist wohl der Grund, warum ich den alten Kolonial-Klassikern unter den Hotels in Südostasien nur selten wiederstehen kann. Ihr Flair und ihre Atmosphäre sind einzigartig. Sie sind ein Ort für Träume und Fantasien.

Das Belmond Residence Phou Vao in Luang Prabang ist eines von ihnen. Einst ein königlicher Palast, liegt es dem belebten Treiben der, ohnehin schon für südostasiatische Verhältnisse entspannten, Stadt auf einem Hügel gegenüber des Heiligtums, dem Mount Phou Si. Die Ausstattung kommt leicht, offen und in Teak daher, die Zimmer sind luftig und großzügig und im Infinity-Pool schwebt man über den Hitzeschwaden, die in der High Season aus dem Tal heraufsteigen. Vor der Tür warten Fahrräder auf einen Ausflug in die Gassen Luang Prabangs. Für alle weniger sportlich Engagierten, fährt regelmäßig ein Shuttlebus.

Wer tiefer in die Kultur und die Realität Luang Prabangs einsteigen möchte, dem bietet das Haus einen Ausflug am Abend in die Tempel der Stadt. Viele junge Mönche sind hier für einige Jahr heimisch. Manche sind Waisen, andere kommen aus wohlsituierten Familien. Im Buddhismus ist es nicht unüblich für junge Männer, einige Lebensjahre dem Tempel und dem Zölibat zu widmen. Andere bleiben länger.

Die Stadt der Tempel

Manche sind bereits als junge Kinder ohne Eltern aufgenommen worden, so wie Pho, der Night Manager des Belmond Residence Phou Vao. Seine Eltern hat er früh verloren. Eine Folge des unmenschlichen Krieges, der lange in der Region tobte und dessen versteckte Landminen bis heute ihre Opfer fordern.

Gemeinsam besuchen wir den Tempel, in dem er viele Jahre lebte. Er erzählt von der Zeit als Mönch, von Regeln und Gebräuchen, von einer außergewöhnlichen Kindheit. Viele Stunden später treten wir aus dem Tempel hervor. Die Gelenke steif vom ungewohnt langen Knien, die Gesänge der Mönche noch im Ohr und in einem eigenartigen Rausch von Gedanken, Geräuschen und Gefühlen.

Später, die Dunkelheit hat sich bereits tief über Luang Prabang gesenkt, nur vereinzelt tönt der Schrei eines einsamen Vogels aus dem schwarz-grünen Dickicht, das die Gärten umgibt, begleitet vom unablässigen Zirpen der Grillen, schweift der Blick über das Tal, die leuchtenden Brunnen, in denen sanft Lotusblüten in der Abendbrise schaukeln, die feierlich gedeckten Tische, mit ihren Kandelabern und bodenlagen Decken – und man würde sich nicht wundern, wenn im nächsten Moment Duras, Kipling oder Rudyard am Nachbartisch Platz nehmen würden.



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