Wenn Schule nicht selbstverständlich ist
Eine der ärmsten Regionen Vietnams und eines der elegantesten Hotels der Welt. Das The Nam Hai nahe Hoi An zeigt, wie man soziale Verantwortung und Tourismus nachhaltig miteinander kombinieren kann.
Türkis glitzert der Infinitypool, weiß schimmert der Sandstrand, preisgekrönte Architektur verwöhnt das Auge. Das The Nam Hai spielt in der Königsklasse der exquisiten Hotellerie. Gelegen in einer der ärmsten Regionen Vietnams, ist man sich hier gleichzeitig der regionalen Verantwortung sehr bewusst. Nicht ohne Grund gehört das The Nam Hai zu den preisgekrönten Urlaubsresorts der Welt. Ob Condé Nast, Travel & Leisure oder auch Trip Advisor – alles was in der Branche Rang und Namen hat, hat dem Haus bereits seinen Tribut gezollt. Als Teil der GHM Hotels Gruppe verwundert das wenig. GHM steht für legendäre Häuser, so etwa The Chedi in Oman und Andermatt oder das Legian Bali.
Dabei ist der Stil im Haus niemals aufgesetzt oder gekünstelt. Ganz im Gegenteil, vom fröhlich Pool-Personal, stets zu einem Scherz aufgelegt, bis hin zum perfekt ausgebildeten und trotzdem mit einem sehr persönlichen Touch arbeitenden Servicemitarbeiter, strahlt alles in diesem Haus genau das aus, was der erholungssuchende Exklusiv-Reisende wünscht.
Aber auch dieser kann sich den Eindrücken der Umgebung nicht verschließen, sobald er das Hotel verlässt. Wer in diesem Haus urlaubt, ist definitiv auf der Sonnenseite des Lebens geboren. Die Schattenseite, sie hält sich zunächst im Hintergrund. Sehr charmant und ein bisschen morbid liegt die Altstadt Hoi Ans, seit 1999 UNESCO-Weltkulturerbe und berühmt für ihre bunte, nächtliche Lampionbeleuchtung, am Abend da. Wer genauer hinsieht, wird die Kinder entdecken, die spät in der Nacht ihre schwimmenden Papier-Laternen feilbieten. Immer in der Hoffnung, dass ein Tourist ihnen ein paar Dong in die Hand drückt, um die bunten Lichter auf dem Fluss freizusetzen.
Die Provinz Danang, in der Hoi An und das The Nam Hai liegen, gehört zu einer der ärmsten Regionen des Landes. Nur wenige Meter abseits des Touristenrummels am Resortstrand, kurz hinter dem Flughafen Danangs oder der Altstadt Hoi Ans, haben die Familien und Landarbeiter noch nicht viel vom Wirtschaftsboom des neuen Vietnams abbekommen.
Genau hier greift die Sympathetic Hearts Charity Organisation des The Nam Hai. Erfolgreich kombiniert sie den Wohlstand ihrer Gäste mit den Bedürfnissen der Region. Gelesen habe ich darüber einiges, wissen will ich es genauer. Und so machen sich ein Mitarbeiter der NGO, meine Große und ich eines Nachmittags auf den Weg zu den Projekten.
Unser erster Stopp ist ein Kindergarten. Generell konzentriert sich die Arbeit der Sympathetic Hearts Organisation, neben Gesundheits- und Umweltprojekten, vor allem auf die Kinder der Region. Bildung als Schlüssel zu einer besseren Zukunft. Erbaut und betrieben wird der Kindergarten aus Spenden des Hotels und seiner Gäste. Die Kinder erwarten uns schon sehnlichst. Der Besuch ist offensichtlich ein großes Ereignis.
Bald darauf findet sich die Tochter inmitten einer traditionellen Tanzaufführung wieder. Und kurze Zeit später ist die mit den Erziehern und Kindern in einem der Klassenräume verschwunden. Englisch sprich hier niemand und ich sehe ihr an, dass sie sich große Mühe gibt, den Spielen und Aufgaben zu folgen. Zwar versteht sie kein Wort. Gewinnen tut sie dennoch jedes Mal. Typisch asiatische Gastfreundschaft, die auch die Kleinsten hier schon verinnerlicht haben.
Dann aber ist es Zeit für den Moment, auf den alle Kinder hier gewartet haben. Die mitgebrachten Spielzeuge werden überreicht. Es sind einfache Dinge, sehr bunt und aus Plastik. Die Augen der Kinder sprechen allerdings Bände. Für viele ist es wohl das erste Mal, dass sie ein eigenes Spielzeug in den Händen halten.
Anschließend geht es weiter zu einer der Grundschulen des Distrikts. Diese ist das Herzensprojekt eines The Nam Hai Gastes. Edward Smith, so kann man von den überall angebrachten Messingtafeln ablesen, hat hier massiv in den Ausbau der Schule investiert. Und das ist auch nötig. Entsprach der Kindergarten noch weitestgehend westlichen Vorstellungen, fühlt man sich in der Dorfschule um einige Jahrzehnte zurück versetzt. Unbarmherzig brennt die Sonne über den Flachbauten und heizt die Klassenzimmer mit ihren einfachen Holzbänken auf.
Vor der Tür ein Ständer mit verbeulten Zinntassen. Und trotzdem markiert genau das den Fortschritt. Mussten die Kinder bis vor kurzem noch ausreichend Trinkwasser für den Schultag von ihren teilweise weit entlegenen Häusern herbeitragen, gibt es nun dank des Spenders eine Wasserreiningungsanlage. Das Trinkwasser für den Tag fließt direkt aus dem Hahn in den Becher.
Für uns in Europa eine banale Selbstverständlichkeit, hier in Vietnam ein echter Fortschritt. Genauso wie die Schulbänke, die, ebenfalls spendenfinanziert, die marode Schulausstattung ersetzt haben. Für die Große wird diese Zeit in der kleinen Grundschule nahe Hoi An eine der prägendsten Erinnerungen der Reise bleiben. Groß ist der Kontrast zwischen ihrem heimischen Klassenzimmer mit White Board und iMac und den simplen Schulräumen hier, die eher an eine Dorfschule zu Beginn des letzten Jahrhunderts erinnern.
Und während in Deutschland fleißig über den Frontalunterricht gestritten wird, springen hier alle Kinder bei Eintreten des Lehrers stramm auf und wiederholen für den Rest der Stunde laut im Chor die Sätze, die der Englischlehrer vorne an der Tafel vorspricht. Wo Bildung oder sogar der Zugang zu sauberem Trinkwasser keine Selbstverständlichkeiten sind, bleibt nicht viel Raum für Luxusprobleme. Zurück im Hotel erhalten auch wir beim Check-Out das Spendenformular. Mit den Bildern des vergangenen Tages im Kopf unterschreibt es sich hier noch einmal leichter.
Zurück bleibt am Ende des Tages die Erfahrung, dass Luxustourismus und regionale Entwicklungsbedürfnisse kein Gegensatz sein müssen. Ganz im Gegenteil – mit einem intensiven und ernst gemeinten Engagement wie dem des The Nam Hai wird sichergestellt, dass die gesamte Region vom Ausbau eines nachhaltigen Tourismuskonzepts profitiert.
Danke für den berührenden Beitrag. Das ist in unserem Unternehmen auch einer der Pfeiler: Luxustourismus gut und richtig gemacht kann nachhaltig Umwelt und Gesellschaft vor Ort helfen. Oft nachhaltiger als staatlich gesteuerte Entwicklungshilfe. Auch ohne Spendenaufforderung am Schluss (auch wenn ich die Idee wirklich toll finde) kann eine ganze Gegend davon profitieren, allein durch fair bezahlte Arbeitsplätze.
Liebe Grüße aus Würzburg,
Sissi